Indem er an den benachbarten stehengebliebenen Brandmauern noch die Baugliederung und Details der einzelnen, verlorenen Wohneinheiten sichtbar beließ, verlieh er unbewusst seinem Ärger Ausdruck, dass die historisch gewachsenen kleinstädtischen Strukturen verfielen und zerstört wurden, ohne dass eine adäquate wertgebende moderne Neubebauung oder Umnutzung absehbar gewesen wären. Hackel kannte Bischofswerda so gut wie keine andere Stadt, und er wusste sie mit anderen Stätten, mit nordirischen Cottages, venezianischen Stadtpalästen am Canale oder dem „Goldenen Prag“ mit der Karlsbrücke und dem Goldmachergässchen zu vergleichen. Am Ufer der Moldau fand er auch das „Tanzende Haus“, ein modernes Architekturensemble, das an eine Tänzerin im gläsernen Faltenrock erinnert, die sich an einen Herrn mit Hut schmiegt. Dieser dekonstruktivistische Bau, der im Volksmund auch „Ginger und Fred“ genannt wird, regte ihn zu mehrfacher Gestaltung an. Aber Legendenbildung findet immer wieder und auch in Bischofswerda statt. Hier erfasste Hackel beispielsweise das von unrühmlichen, durch übernächtigte Zecher geschändete „Seechgässl“, dem er in einem hochformatigen Ölbild eine verschwiegen wissende, heitere Würde wiedergab. Im Holzschnitt „Kleine Narrenstadt 2005“ allerdings ließ er sarkastisch einen wohl golden gemeinten Engel am Marktplatz wahre Sturzbäche bitterer Tränen heulen. Suchte er andere Städte auf - Berlin oder Hamburg - waren es wieder die Viertel, die von alltäglichen Lebensrhythmen beherrscht waren, die er als Motiv ins Auge fasste. Da er auf Staffagefiguren verzichtete, lag über all seinen Stadtlandschaften ein Hauch von Verlassenheit und Melancholie. Wandte er sich den Menschen zu, nahm er sie groß ins Bild. Mitunter porträtierte Hackel sich selbst als Clown - mit der Maske, die lachend alle Ängste, Wut und Bedrängnis verbergen konnte. In der Literatur fand er Identifikationsfiguren wie Walter Rheiners Tobias und Hermann Hesses Steppenwolf, die von tiefer seelischer Zerrissenheit bis zur Selbstzerstörung getrieben wurden, wenn es ihnen nicht gelang, lachend die eigene Unvollkommenheit und die der sie umgebenden Gesellschaft zu akzeptieren. Er las diese Werke mehrfach, reflektierte einzelne Textpassagen in seinen zeitweise geführten tagebuchartigen Aufzeichnungen, in die er auch erste bildhafte Ideenskizzen einfließen ließ. Den von Phobien gehetzten „Tobias“ fixierte er kurz darauf in einer Radierung. Den um nüchterne Analyse bemühten Harry Haller, den „Steppenwolf“, in expressiven Farbholzschnitten. Hier tauchte die surreale, schemenhafte Gestalt des Nachtdämonen wieder auf, die er bei einem Entwurf für den Liedermacher Hans-Eckardt Wenzel geschaffen hatte. Dessen Verse, „An mich nachts“, bezog er in Gedanken ganz auf sich selbst, zitierte sie sinngemäß mit seinem eigenen, statt Wenzels Namen, um sich zu Ruhe und Entspannung zu zwingen: „…Mensch, Hackel, schlaf! Wie bist Du auf den Hund gekommen. Ich habe mir für morgen so viel vorgenommen…“. Die Realisierung eines angesponnenen gemeinsamen Projektes, vielleicht einer Cover-Gestaltung, verlief sich im Sande, aber die Figur des Dämons erschien seitdem in Hackels Arbeiten immer wieder: Anfangs erschreckend und selbst wie erschrocken. Bald aber trat sie, im Ölgemälde „Selbst im Januar 2006“ und in verschiedenen Radierungen als behutsamer „Melancholie“-Engel auf, in dessen Armen sich der Künstler geborgen fühlte. In dieser fiktiven Figur hatte Hackel einen Ausdruck für sein Alter Ego gefunden, das schließlich als selbständiges surreales Wesen in seinen Bildern agierte. Wie ein Gewissen positionierte er es mitten in das Bild „Stillleben im Stillleben 2009“, fragend, ob vom Werk des Malers Hackel wohl etwas Bestand haben würde. Seine Malerei, durchdrungen von zeichnerischen Elementen, hatte eine angespannt-elegante Leichtigkeit gewonnen, die sich auch in einer seiner letzten größeren Arbeiten, dem „Kleinstadtjanuar“ zeigte. Er empfahl darin seine Stadt Bischofswerda der Obhut der von ihm geschaffenen Figur, die mittlerweile allen Schrecken verloren hatte, und wie ein Schutzengel über dem tief verschneiten Marktplatz schwebte, um seine Hand nach dem neu errichteten Stahlmonument zu strecken. Künstler, heißt es, seien die Seismographen ihrer Zeit und der Gesellschaft, in der sie lebten.